Historisches Symposium: Entwicklung der Einstellungen zu Israel seit der Staatsgründung

11. 11. | 14:30 – 18:00 Uhr | Haus der Geschichte

Prof. Dr. Johannes Becke, Heidelberg
Tatsächlich Staatsraison? Deutschlands Haltung zum Staat Israel.

Rabbiner Dr. Joel Berger, Stuttgart
Die Entstehung des Staates Israel

Prof. Dr. Verena Dohrn, Hannover
Aus dem Freund wurde schnell ein Gegner: Die Haltung der Sowjetunion und Russlands

Dr. Martin Kloke, Berlin
Kleinster gemeinsamer Nenner oder gelebte Solidarität? Die Politik der Europäischen Union

Alex Feuerherdt, Köln
Vereinte Nationen gegen Israel – Wie die Uno den jüdischen Staat delegitimiert

Moderation: Susanne Wetterich

Das Pogrom vom 7. Oktober 2023, größte antisemitische Vernichtungsaktion seit dem Holocaust, ist nicht nur ein Datum, das für Israel und alle Juden rund um die Welt dauerhaft in traumatischer Erinnerung bleiben wird, sondern bedeutet vor allem eine Zäsur für das Land Israel selbst und für das Verhältnis der internationalen Gemeinschaft zum Staat Israel. Dies betrifft nicht nur die Diplomatie bezüglich des Nahostkonflikts, sondern vor allem auch den gesellschaftlichen Diskurs in Deutschland, in Europa und der Welt. Die Zahl antisemitischer Straftaten ist seither weltweit sprunghaft angestiegen. Zu verzeichnen ist aber auch eine mangelnde Solidarisierung mit der jüdischen Bevölkerung angesichts von Bedrohung, Hass und Hetze, denen sie sich ausgesetzt sieht.

Angesichts dieser Zustandsbeschreibung stellt sich die Frage, wie ernst die Solidaritätsbekundungen für den Staat Israel tatsächlich gemeint sind und inwiefern sich der latente antiisraelische Antisemitismus aus Fehlinformationen und Relativierungen speist, denen nichts oder zu wenig entgegengesetzt wird. Es ist davon auszugehen, dass viele antiisraelische Stereotypen nach dem 7. Oktober nicht neu entstanden, sondern latent vorhanden sind und jetzt nur deutlicher zum Vorschein kommen.
Bei dem Symposium wollen wir dieser Fragestellung nachgehen, indem wir die Entwicklung der Einstellungen zu Israel seit der Staatsgründung im Jahr 1948 an verschiedenen Beispielen beleuchten.

Prof. Dr. Johannes Becke ist Professor für Israel- und Nahoststudien an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg.
Nach dem Studium der Politikwissenschaft und Promotion forschte er als Postdoctoral Fellow an der Universität Oxford. Im Anschluss an eine Juniorprofessur ist er seit 2020 ordentlicher Professor in Heidelberg. Er leitet die Forschungsgruppe „Gathering the Dispersed. State Evasion and State-Making in Modern Jewish, Kurdish, and Berber History“.
Seine Forschungsprojekte und Publikationen umfassen den Bereich der Vergleichenden Politikwissenschaft Israels und des Nahen Ostens mit Forschungsschwerpunkten zu Nationalismus, Staatsentstehung und den arabisch-israelischen Beziehungen.
Becke ist Mitherausgeber der Reihe Israel-Studien, in der 2020 der Sammelband Israel-Studien: Geschichte, Methoden, Paradigmen erschien. Sein Buch The Land Beyond the Border: State Formation and Territorial Expansion in Syria, Morocco, and Israel erschien 2021.


Rabbiner Dr. h.c. Joel Berger wurde 1937 in Budapest geboren und emigrierte 1968 nach Deutschland. Seither war er als Rabbiner in Düsseldorf, Göteborg (Schweden), Bremen und als Landesrabbiner in Stuttgart tätig. Er war lange Jahre Hochschuldozent am Ludwig-Uhland-Institut der Universität Tübingen, die ihm auch den Ehrendoktor verlieh. Er ist Verfasser zahlreicher Veröffentlichungen über Geschichte, Volkskultur und Kulturgeschichte des Judentums, unter anderem die Autobiographie „Der Mann mit dem Hut“ und „Mit Rabbiner Joel Berger durch das jüdische Jahr“. 2019 erschien beim Haus der Geschichte Baden-Württemberg sein Buch „Gesetz – Ritus – Brauch: Einblicke in jüdische Lebenswelten“.
Im Jahr 2001 wurde Berger die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg verliehen, 2015 erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande, 2017 die Bürgermedaille der Stadt Stuttgart.
Joel Berger forscht zur jüdischen Heimatgeschichte und publiziert über das Judentum.

Joel Berger im Garten seines Hauses. / / — DATE: 02.06.2002


Der Politik- und Sozialwissenschaftler und Publizist Dr. Martin Kloke studierte evangelische Theologie, Politikwissenschaft und Pädagogik an der Justus-Liebig-Universität Gießen und wurde dort 1989 am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften über das Thema „Israel und die deutsche Linke. Zur Geschichte eines schwierigen Verhältnisses“ promoviert. Nach Stationen als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Otto-Benecke-Stiftung in Bonn und beim Volk und Wissen Verlag in Berlin betreute er als Redakteur von 2004 bis 2023 die Fächer Ethik, Philosophie und Ev. Religion beim Cornelsen Verlag. Aktuell ist er Mitglied der KMK-Arbeitsgruppe „Judentum in Bildungsmedien“.
Daneben verfasst Kloke Beiträge zur deutsch-israelischen und christlich-jüdischen Beziehungsgeschichte, zuletzt u. a.: Christlicher Zionismus – eine religionspolitische Provokation im christlich-jüdischen Dialog (2021); Corona als Trigger? Verschwörungserzählungen im Kontext des (linken) Antisemitismus (2021/22); Israelbezogener Antisemitismus in kirchlichen Kontexten (2022); Vom Antiimperialismus zum Postkolonialismus. Antiisraelische Kontinuitäten in der deutschen Linken (Herbst 2024).

© Anat Manor


Die Historikerin und Publizistin Prof. Dr. Verena Dohrn schlug nach dem Zweiten Staatsexamen für das Höhere Lehramt an Gymnasien die wissenschaftliche Laufbahn ein und promovierte 1986 an der Universität Bielefeld in Slawistik. 2002 folgte ihre Habilitation an der Georg August Universität Göttingen, wo sie seit 2009 als apl. Professorin für Neuere Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der osteuropäischen Geschichte lehrt. Darüber hinaus hat sie zahlreiche wissenschaftliche Projekte geleitet. Zu ihren Arbeitsgebieten zählt die neuere Geschichte Ostmittel- und Osteuropas und die russisch-jüdische Geschichte.


Alex Feuerherdt arbeitet unter anderem als Publizist und war zudem als Lektor tätig. Er lebt in Köln. Texte von ihm zu den Schwerpunktthemen Israel, Antisemitismus/Antizionismus und Naher Osten sind vor allem bei Mena-Watch, in der Jungle World und in der Jüdischen Allgemeinen zu lesen. Gemeinsam mit Florian Markl ist er Autor der Bücher ‚Vereinte Nationen gegen Israel‘ (2018) sowie ‚Die Israel-Boykottbewegung. Alter Hass in neuem Gewand‘ (2020).


Die studierte Historikerin und gelernte Rundfunkjournalistin Susanne Wetterich ist stellvertretende Vorsitzende der DIG Region Stuttgart.

Veranstalter: IRGW, Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Deutsch-Israelische Gesellschaft Region Stuttgart e.V. / Eintritt frei
Anmeldung erbeten an veranstaltungen@hdgbw.de; Telefon Besucherdienst: 0711 / 212 3989
ÖPNV: Haltestelle Charlottenplatz

11.12. | 19.30 | Oneg Shabat | Hotel Wartburg

Nach der Einsperrung der Jüdinnen und Juden im Warschauer Ghetto im November 1940 beginnt eine Gruppe um den jüdischen Historiker Emanuel Ringelblum, die sich Oneg Shabbat (‚Freude des Sabbat‘) nennt, Beweisstücke für die Entrechtung der jüdischen Bevölkerung zu sammeln und das Geschehene für die Nachwelt schriftlich festzuhalten.

Die am Projekt beteiligten jüdischen Aktivist*innen schildern und archivieren zahlreiche Aspekte der Existenz im Warschauer Ghetto und der Shoah und tun das unmittelbar, ohne zeitliche Distanz und ohne zu wissen, was am nächsten Tag passiert. Sie dokumentieren nicht nur den Ghettoalltag, sondern analysieren auch die Ereignisse und das menschliche Verhalten, stellen Fragen, suchen nach Ursachen und Folgen und meiden dabei keine schwierigen Themen und unbequeme Gedanken. Aus ihrer Arbeit entsteht eine einzigartige Sammlung von Zehntausenden von Dokumenten unterschiedlicher Art, zu der es keine vergleichbare Zusammenstellung von Quellen zu Shoah in allen Archiven der Welt gibt.

Die im Warschauer Ghetto geheim verfassten, in Metallkästen und Milchkannen versteckten und nach dem Krieg wiedergefundenen Aufzeichnungen sind die letzten Zeugnisse über das Leiden und sowie über den Tod nicht nur von einzelnen Menschen, sondern auch von den ganzen jüdischen Gemeinden. Wie der amerikanische Historiker Samuel Kassow mit dem Titel seines Buches „Who Will Write Our History? Emanuel Ringelblum and the Oyneg Shabes Archive“ andeutet, ist der Sammlung des geheimen Ghettoarchivs umso mehr Beachtung zu schenken, als es sich um die Stimme der Opfer und nicht der Täter handelt.

Während des Vortrags erfahren Sie mehr über das Untergrundarchiv des Warschauer Ghettos und vor allem über die Menschen, die zur Entstehung von dieser außergewöhnlichen Sammlung von Beweisen für die Besonderheit der Shoah beigetragen haben.

Dr Anita Borkowska, geboren 1896 in Krasnystaw (Polen), studierte Germanistik an der Warschauer Universität, promovierte 2014 mit der Dissertation unter dem Titel Literarische Eigenschaften der videographierten und transkribierten Interviews mit Überlebenden der nationalsozialistischen Verfolgung. Guide, Bildungsreferentin, Übersetzerin. Beteiligt sich an der Durchführung von lokalen und internationalen Bildungs- und Erinnerungsprojekten zu den Themen Zweiter Weltkrieg und Shoah. Begleitet inhaltlich, sprachlich und organisatorisch Studienreisen für Jugendliche und Erwachsene. Ihre festen Kooperationspartner sind u.a. Organisationen aus Deutschland wie: Bildungswerk Stanisław Hantz e.V, what matters, Brücke|Most-Stiftung, Internationales Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund und Stichting Sobibór aus den Niederlanden. Bietet Rundgänge durch das ehemalige Warschauer Ghetto, das ehemalige jüdische Lublin, das Jüdische Historische Institut in Warschau, das Staatliche Museum in Majdanek und die ehemaligen Mordlager der „Aktion Reinhardt“ an. Mitglied des Vereines „Studnia Pamięci“ („Brunnen der Erinnerung“) aus Lublin. Arbeitet mit dem Museum für Geschichte der Polnischen Juden POLIN in Warschau zusammen, u.a. bei der Begleitung von Gruppen in der Ausstellung, Durchführung von Workshops für Schülerinnen und Schüler sowie von Seminaren oder Kursen für Erwachsene, darunter für Guides und Freiwillige. Arbeitet mit polnisch-, deutsch-, englisch und spanischsprachigen Besuchern und Besucherinnen. 2023 wurde der von ihr übersetzte Zeitzeugenbericht von Kalmen Wewryk Do Sobiboru i z powrotem (Nach Sobibor und zurück) in Polen veröffentlicht.

Antisemitismus, neue Dimensionen seit dem 7. Oktober

Vortrag von Sebastian Voigt: Antisemitismus, neue Dimensionen seit dem
7. Oktober. Mittwoch 27. November, 18 Uhr, Weltethos Institut, Tübingen,
hintere Grabenstraße 26

Eine Kooperationsveranstaltung von
Bündnis für Israel – gegen Antisemitismus
Deutsch Israelische Gesellschaft Region Stuttgart e.V.
Weltethos Institut

Seit dem 7. Oktober 2023, dem barbarischen Massaker der Hamas, steigen
die antisemitischen Vorfälle weltweit. Die Vorfälle an den verschiedenen
Universitäten auf Demonstrationen und körperliche Übergriffe auf
Jüdinnen und Juden stehen dafür. Der Vortrag wird auf diese aktuellen
Entwicklungen eingehen und die historische Genese des Judenhasses
beleuchten.

Sebastian Voigt ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für
Zeitgeschichte, München-Berlin, und Lehrbeauftragter an der Universität
der Bundeswehr in München, und Autor des Buches: Judenhass. Eine
Geschichte ohne Ende? Stuttgart 2024

Städtepartnerschaft Freiburg-Isfahan beenden!


Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) Freiburg und DIG Stuttgart fordern von der Stadt Freiburg die sofortige Beendung der Städtepartnerschaft Freiburg Isfahan.
Freiburg/Stuttgart 12.8.2024

Das iranische Terrorregime droht Israel aktuell mit einem Großangriff und unterstreicht damit seine Absicht, den jüdischen Staat zu zerstören. Die vom Iran orchestrierten Terrororganisationen drohen Israel ebenfalls mit der kompletten Vernichtung. Vor einer Woche fielen der seit zehn Monaten andauernden Aggression iranischer Stellvertreter aus dem Libanon gegen den israelischen Norden 12 Kinder zum Opfer. Bei der Einführungszeremonie des neuen iranischen Präsidenten wurde „Tod Israel“ skandiert. Vom Iran gestützte palästinensisch-islamistische Terrororganisationen haben die Massaker am 7.10.2023 begangen. Israel wird von iranischen Befehlsempfängern aus dem Jemen angegriffen, im Irak und in Syrien hat der Iran Terrororganisationen für den eliminatorisch gesinnten Abnutzungskrieg gegen Israel installiert.

Auch beim diesjährigen Al Quds Marsch in Isfahan wurde die Vernichtung Israels propagiert. Von der Städtepartnerschaft mit Freiburg profitiert nicht die Zivilbevölkerung in Isfahan, sondern nur das vernichtungsantisemitische Terrorregime. Isfahan gilt als Zentrum der iranischen Kernforschung. Auch Drohnen, die Russland für Angriffe auf die Ukraine nutzt, werden dort produziert.
Gleichzeitig unterdrückt das Terrorregime die iranische Bevölkerung und insbesondere die iranischen Frauen. In Isfahan werden Regierungskritiker*innen im Gefängnis gefoltert.

Aus jedem nur denkbaren Blickwinkel ist die Städtepartnerschaft Freiburg Isfahan ein Desaster und sofort zu beenden. Solidarität mit Israel, wie sie als Teil der deutschen Staatsräson gilt, ist unvereinbar mit einer Unterstützung des Mullah Regime und der Städtepartnerschaft Freiburg-Isfahan. Daher fordern die DIG Freiburg und DIG Stuttgart die Stadt Freiburg auf, die Städtepartnerschaft Freiburg-Isfahan umgehend zu beenden. Das jahrelange ‚Ruhenlassen‘ der Städtepartnerschaft hinterlässt insbesondere in der aktuellen kritischen Phase mehr als nur einen faden Beigeschmack. Eine weitere Fortführung der Städtepartnerschaft würde unter anderem einen fatalen Eindruck der Empathielosigkeit der Stadt Freiburg sowohl gegenüber der iranischen Bevölkerung als auch dem Staat Israel hinterlassen.