6 Monate also.
Ich deckte gestern einen Tisch, an dessen Seiten die Plakate der Entführten hingen. Sie waren nicht sortiert, daher gingen wir sie vor dem Anbringen gemeinsam durch. Ich tippte die Namen in Google, um herauszufinden, wer von ihnen noch am Leben war. Für wen gab es noch Hoffnung? Für wen galten unsere Forderungen noch?
Und für wen waren wir bereits zu spät – wen hatte, auf Schuld in alle Ewigkeit verdammt, die Welt im Stich gelassen?
Es war eine morbide Unterscheidung. Wir kategorisierten sie in Himmel und Hölle, so fühlte es sich an. Die einen saßen noch in letzterer fest, seit 6 Monaten schon,
seit 6 Monaten, in denen sich Tage weigern, zu vergehen,
in denen sich unsere Geister weigern, Hoffnung zu sähen.
In denen sich Schmerz weigert, kurz stillzustehen,
während die Welt sich weigert, die Wahrheit zu sehen.
In denen Tag um Tag eher Kampf um Kampf gleicht,
in denen uns allen die Geduld nicht mehr reicht,
als Freude plötzlich belanglos erschien,
und die Hoffnung auf Frieden, naiv, dämlich, kühn.
Wir haben euch allen hier nichts mehr zu sagen,
seit Monaten sind wir bloß von Ängsten getragen,
die unserer Ahnen, die uns lautlos anprangern,
deren Verfolgung und Trauma uns hiervor doch warnten.
Wie konnten wir es wagen, an was Besseres zu glauben,
wie konnten wir es wagen, in Assimilation aufzutauen,
die Kälte, die unsere Herzen umschloss, loszulassen,
zu denken, die Welt würde uns nicht mehr hassen.
Sechs Monate Trauer, sechs Monate Wahn,
Sechs Monate, die wir ja doch kommen sahen,
sechs Monate die ja doch nur fortsetzen
tausende Jahre stetiger antisemitischer Hetze.
Jedes unserer Feste dient als Mahnung hierfür,
für die Einsamkeit und Angst, die eure Angriffe schüren.
Und doch könnt ihr nicht reißen unser einendes Band,
unsere Liebe zu einander, und zum gelobten Land.
Ganz egal wie stark ihr Krokodilstränen weint,
Und die Selbstbestimmung eines Volks verurteilt,
Fordern werden wir trotzdem, ein Ende allhiervon,
und wir werden weder Schweiß-, noch Zornestränen schonen,
angetrieben nicht von Hass, sondern wahrlichem Streben,
nach dem Ende des Grauens, Nehmens unschuldiger Leben.
Während ihr also postet, auf Campusen campiert,
rufen wir bring them home, bis ihr endlich kapiert:
Dieses Volk ist geeint und will endlich nach Hause,
Denn nur dort kriegen wir von eurem Hass eine Pause,
Und wir werden um dieses Geburtsrecht weiter kämpfen
Euer Geschichtsrevisionismus wird unser Heimweh nie dämpfen.
Merkt euch eines: wir Judis lassen uns nie unterkriegen.
Eines Tages werden wir Extremismus besiegen.
Wir werden uns niemals vor Ignoranz niederkauern,
Und wir werden ja doch diesen Hass überdauern.
Eines Tages können wir ganz sicher
Heimat unsere benennen,
Eines Tages froh und sicher
Auf ihren Straßen frei rennen.
Eines Tages wird Honig
Wie auch Frieden dort fließen,
Nicht nur Milch, sondern auch
Harmonie sich ergießen.
So weit weg dieser Tag
Uns grad auch scheinen mag,
So sehr bleib ich dabei:
Am Yisrael Chai.